Edgar Barowski rezensiert „Das blaue Kabinett“
Zwölf Gedichte, neun Gemälde, quadratisches Format in Schwarz-Weiß: Ein Unterwegsbuch. Und wenn man es beim Warten auf den Nachtbus dann aus der Jacke kramt, bemerkt man schnell: Das Blau des „blauen Kabinett“ von Freddy Mork ist nicht das seichte Blau einer lauen Frühlingsnacht, sondern eingedickter, dunkelblauer Sirup ohne Verfallsdatum, den der Dichter aus dem Schatten der Tage kocht. Und was in diesem Kabinett spricht, ist kein lyrisches Ich, sondern ein dutzend lyrischer Crash-Test-Dummies, die losgeschickt werden bis an die Grenzen der Komik, um die Möglichkeiten eines „Ich“ auszuloten, um sich Beulen einzufangen und die eine, unbequeme Frage zu klären: Hinter diesen Menschenmasken, denen man allenthalben begegnet, lebt da überhaupt noch jemand? Ergänzt wird diese wunderbar dunkelfarbige Stimmung von surreal-anarchischen Gemälden von Dominik Schmitt, in denen Tiere auf erschreckende und zugleich faszinierende Weise Menschendinge tun. Ein Buch nicht nur für unterwegs, sondern auch für das eigene Unterwegs. Was beim Leser zurückbleibt, sind blaue Finger und der Auftrag, jene eine Frage für sich selbst zu klären.